Samstag, 10. September 2011

Die verlorene Jugend

http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,783108,00.html

Die übliche Laufbahn eines verirrten Jugendlichen, der aus schwierigen Verhältnissen stammt, einzig die Gesinnung der radikalen Begierden variiert. So waren es früher die Nazis, die sich aus dem Lager der Hoffnungslosen bedienten, heute sind es dubiose Konvertitenvereinigungen, die sektengleich ihre Krallen nach diesen jungen Menschen ausstrecken, um sie in den Schoß des Wahnsinns zu holen. Hitler oder Allah, vollkommen egal, Hauptsache man gehört dazu und wird verstanden, ausserdem kann man im Gegenzug endlich die Gesellschaft strafen, die so schmählich versagt hat und einen förmlich in die Arme dieser Psychopathen trieb. Rache ist angesagt und das im Gleichschritt mit den Brüdern und Schwestern, die sich genauso unterdrückt fühlen, wie man es selber tut.

Ein Einzelfall? Kaum, sehe ich ja täglich auf meinen Streifzügen durch das Internet, dass es viele davon gibt, die sich dem Ganzen gerne anschließen würden, einzig der letzte Funke fehlt um die Lunte zu entzünden. Jedes Wort trieft vor Hass und Ablehnung gegenüber der hiesigen Mehrheitsgesellschaft, hat man ja nun den mächtigen Gott auf seiner Seite und kann sich endlich über alle anderen erheben, ein Gefühl von Macht macht sich breit, mit dem man mangels bisheriger Erfahrungen so gut wie überhaupt nicht umgehen kann. Vorher stand man ja alleine da und das wäre auch so geblieben, wenn, ja wenn es nicht Leute wie Pierre Vogel geben würde, hat er das Potential dieser Schicht ja erkannt und weiß sie zu nutzen, beten die meisten ja ihren Führer gottgleich an und jede Kritik wird als persönliche Beleidigung aufgefasst und mit Flüchen bishin zu Todesdrohungen beantwortet, will man sich doch nicht das Einzige madig machen lassen, was man hat.

Aber haben nun Vogel und seine Salafisten Schuld an dem ganzen Dilemma? Nein, denn er nutzt nur das aus, was ihm eine jahrelange Fehlpolitik zum Fraß vorgeworfen hat, waren ja die Banken und Firmen immer wichtiger als die Jugend, deshalb hat man auf viele auch vollkommen vergessen und  tut dies auch heute noch. Da werden Milliarden für die Rettung irgendwelcher Geldinstitute ausgegeben ohne mit der Wimper zu zucken, aber bei sozialen Projekten zieht sich die Merkelsche Geldbörse auf Erbsengröße zusammen, notfalls werden sogar alle Hartz 4 Empfänger als arbeitsunwillige Schmarotzer hingestellt und ihre Kinder gleich mit. Auch ein Sarrazin bläst in dieses Horn, erklärt er diese "Unterschicht" ja gleich generell zu Deppen, das fördert die Buchverkäufe und den wohlgenährten Wohlstandsbürger freuts, braucht er sich jetzt ja keine Gedanken mehr zu machen, ist die Armut ja Intelligenzbedingt und damit auch nicht veränderbar. Migranten triffts da doppelt, haben die ja nicht nur die angeborene Blödheit im Genick, nein, es kommt der Integrationsunwille noch dazu. Problem also erkannt, Schuldige gefunden, weiter im Programm.

Und die Medien? Die erwachen auch immer erst, wenn der Jugendliche in den Brunnen gefallen ist, sobald er ertrunken ist, wirds wieder still und es geht weiter mit dem seichten Einheitsbrei. Wobei man ja ohnehin immer nur dieselben Gesichter diskutieren sieht, scheinen die ja schon im öffentlich-rechtlichen Fundus zu wohnen, stets bereit, immer dieselben Phrasen zu dreschen. Da wird vorher schon abgesprochen, was man denn so fragen darf und was man besser nicht diskutiert, um ja niemanden zu beleidigen, ist ja am liebsten das gesehen, was niemanden weh tut, könnt sich ja sonst jemand den Fingernagel abbrechen, soviel Brutalität kann man den Zuschauern nicht zumuten. Und genau diese Harmlosigkeit und Inhaltsleere ist heute Normalität, kaum jemand will sich der ungemütlichen Themen annehmen, weder die Politik, noch die Medien, noch der Durchschnittsbürger auf der Straße. Darum wird sich wohl auch nichts ändern und wir werden uns auch in der Zukunft immer öfter mit solchen Küchenbombenbastlern auseinandersetzen dürfen. Es ist nur zu hoffen, dass auch die eine derartig vernünftige Mutter haben, sonst krachts nämlich und wir sind daran mitschuldig. Aber hinterher ist man ja immer klüger, auch wenns zu spät ist.

Guten Tag

1 Kommentar:

  1. Ich habe Sarrazins Buch gelesen und er hat dort "Unterschichtler" nicht per se für dumm erklärt, sondern die teilweise grassierende Verziehung der Kinder durch ihre Eltern in diesen Grupppen kritisiert (nicht alle, dass behauptet er auch gar nicht) und ihnen die Fähigkeit zur Eigeninitiative zugemutet. Auch ohne Arbeit kann man joggen und ein Buch lesen und nicht die berufliche Perspektivlosigkeit zum Vorwand nehmen, um zu verkümmern.
    Es ist doch nicht Sarrazins schuld, dass sich Pro und PI auf ihn stürzen.
    Die Politik hat auch Fehler gemacht, aber bis zu einem bestimmten Grad ist man auch selbst der Mann (oder die Frau).

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